14 Jahre Haft wegen versuchten Mordes, © ORF
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14 Jahre Haft wegen versuchten Mordes

Ein 29-Jähriger ist heute Dienstagnachmittag am Landesgericht Feldkirch wegen versuchten Morden zu 14 Jahre Haft verurteilt worden. Er soll Ende des Vorjahres versucht haben, einen Liechtensteiner Taxifahrer in der benachbarten Schweiz zu töten.

22.10.2024

Die Geschworenen haben haben den Mann mit sechs zu zwei Stimmen wegen versuchten Mordes schuldig gesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Tat ereignete sich Anfang November im Vorjahr: Der damals 28-jährige Angeklagte liess sich mit einem Taxi nach Buchs in der Schweiz fahren. Dort kam es nach Angaben der Polizei zu einem Streit mit dem Liechtensteiner Taxifahrer. Daraufhin soll der Angeklagte dem Taxifahrer mehrmals mit einer Machete in Hals und Kopf gestochen haben. Dass es so gewesen ist, gab der Mann auch bei seiner Einvernahme vor Gericht zu. Er wisse, „dass ich es war und dass das kein anderer hat sein können.“

Der Taxilenker konnte schwer verletzt fliehen. Der Angeklagte soll den Fuhrlohn nicht bezahlt und seinerseits 300 Franken vom Taxifahrer gefordert haben. Der mutmassliche Täter fuhr nach der Tat mit dem Taxi zurück nach Feldkirch. Dort wurde er zwei Tage später von der Spezialeinheit Cobra festgenommen.

Zurechnungsfähigkeit: Unterschiedliche Positionen

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass der Mann zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war und beruft sich auf das vom Gerichtssachverständigen Reinhard Haller erstellte Gutachten. Die Verteidigung und der Angeklagte verweisen auf den Alkohol- und Drogenkonsum des 29-Jährigen. Er könne sich nur bruchstückhaft an den Abend erinnern. Zum Tatzeitpunkt sei sein Mandant nicht zurechnungsfähig gewesen, so der Verteidiger.

Die Staatsanwältin glaubt dem Angeklagten jedoch nicht. Er könne sich an vieles vor und nach der Tat erinnern und habe nur zum Tatzeitpunkt Wissenslücken. Nachdem er den Taxifahrer angegriffen habe und sich dieser befreien und flüchten konnte, hätte er das Opfer auch noch verfolgt. Wäre dem Taxifahrer nicht ein Linienbusfahrer zur Hilfe gekommen, hätte der Angeklagte „ihn eiskalt abgeschlachtet“, so die Anklägerin.

Ausschluss der Öffentlichkeit

Die Verteidigung hat den Ausschluss der Öffentlichkeit während der gesamten Einvernahme des Angeklagten und des Sachverständigen beantragt. Dem sind die drei Berufsrichter, die dem Schwurgericht vorsitzen, nur zum Teil nachgekommen. Die Öffentlichkeit wird nur dann ausgeschlossen, wenn es um die psychische Gesundheit des Angeklagten geht.

70 Prozent der Sehkraft verloren

Das Opfer schilderte vor Gericht die Tatnacht. Der Täter habe glasige Augen gehabt und ihm während der Fahrt sinnlose Fragen gestellt. Schliesslich habe er ihn unvermittelt angegriffen. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn er ihn einfach ausgeraubt hätte, sagte der Mann vor Gericht.

Nach der Tat habe er 70 Prozent seiner Sehkraft verloren, er habe noch immer Schmerzen. Ihm sei eine Speicheldrüse entfernt worden, er müsse das Essen lange kauen und habe beim Schlucken Schmerzen, schilderte der Mann die gesundheitlichen Folgen.

Bluttransfusionen notwendig

Der gerichtliche Sachverständige Walter Rabl schilderte dem Gericht die Verletzungen des Opfers: Der Mann erlitt unter anderem Schnittwunden im Gesicht und an den Händen, als er versuchte, die Waffe abzuwehren. Auch an den Achselhöhlen und am Brustkorb wurde er verletzt. Die Narben sind heute noch sichtbar. Der Taxifahrer verlor fast einen Liter Blut und musste im Kantonsspital St. Gallen Transfusionen erhalten.

Im Anschluss an seine Ausführungen wurde Rabl vom Gericht in die Pension verabschiedet. Der Kollege sei 40 Jahre lang Gerichtssachverständiger gewesen, erklärte der ebenfalls zum Sachverständigen bestellte Reinhard Haller.

Mehrfach vorbestraft

Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, Diebstahls, fahrlässiger Körperverletzung und Betrug. Es sei eine „vollkommen sinnlose Tat“ gewesen, sagte auch der Verteidiger des Angeklagten. Sie sei aber im Zustand des Vollrausches begangen worden.

Dem widersprach die Staatsanwältin. Der Gerichtssachverständige Haller habe klar festgehalten: „Ein Vollrausch lässt sich ausschliessen.“ Nach der Tat war der Angeklagte mit dem Taxi des Opfers nach Vorarlberg gefahren.

Schuldspruch wegen Mordversuchs

Die Opferanwältin verwies auf die Leiden ihres Mandanten: „Er sagt, er kann diesen Beruf nie wieder ausüben.“ Der Mann leide nach wie vor unter Panikattacken. Beim Geschworenenverfahren entscheiden die acht Laienrichter allein über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten, im Anschluss legen sie gemeinsam mit den Berufsrichtern die Strafhöhe fest.

Zuvor erhielt der Angeklagte noch das Schlusswort. „Ich will mich bei allen Beteiligten entschuldigen.“ Die Tat könne er leider nicht wiedergutmachen. Den angemeldeten Schaden erkannte der Angeklagte an. Er befindet sich in Privatinsolvenz. Dass er unter dem Zustand einer Vollberauschung gehandelt habe und sich an nichts mehr erinnern könne, glaubten dem Angeklagten die Geschworenen nicht. Die Abstimmung fiel in diesem Punkt einstimmig gegen ihn aus.

Für den Schuldspruch wegen Mordversuchs, der mit sechs zu zwei Stimmen gefasst wurde, erhält der 29-Jährige vom Geschworenengericht 14 Jahre unbedingte Haft. Ausserdem wurde eine viermonatige Bewährungsstrafe widerufen und eine andere Strafe angerechnet. Verteidigung und Staatsanwaltschaft gaben keine Erklärung ab, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig, wie ORF Vorarlberg heute mitteilt.