Bürger von Steckborn TG erteilen Asylzentrums-Gegnern eine Abfuhr
Die Stimmberechtigten von Steckborn im Thurgau haben sich am Donnerstagabend deutlich gegen einen Antrag einer Bürgerbewegung ausgesprochen.
Mit überwältigender Mehrheit sprachen sich die Bewohnerinnen und Bewohner Steckborns nach knapp zweistündiger Diskussion für die Weiterführung des Bundesasylzentrums auf ihrem Gemeindegebiet aus.
692 Stimmberechtigte nahmen an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung teil. Nur wenige Dutzend Personen unterstützten den Antrag der Bürgerbewegung.
Diese wollte den Mietvertrag der Asylunterkunft zwischen der Gemeinde und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) kündigen, was die Schliessung des Zentrums zur Folge gehabt hätte.
SEM zeigt sich erleichtert
Im Dezember 2023 hatte die Bürgerbewegung 130 Unterschriften von stimmberechtigten Steckbornerinnen und Steckbornern eingereicht. Damit konnten sie gemäss Gemeindeordnung der rund 4000 Einwohnerinnen und Einwohner ihr Anliegen vor eine ausserordentliche Gemeindeversammlung bringen.
Das war ein schweizweites Novum, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. SEM-Sprecher Reto Kormann zeigte sich erleichtert. Er sei stolz auf diesen so deutlichen und basisdemokratisch gefällten Entscheid zugunsten der Asylunterkunft.
Bürger wehren sich seit Monaten
Teile der Bevölkerung in Steckborn hatten sich seit Monaten gegen die Unterbringung der Asylsuchenden im Ort gewehrt. Sie erklärten, das Leben in der historischen Kleinstadt am Bodensee sei aufgrund der Asylunterkunft massiv gestört.
Nacht-, Sonntags- und Mittagsruhe würden nicht eingehalten. Hinzu kämen etwa Hausfriedensbruch, Diebstähle, Bedrohungen und Belästigungen, Raufhandel, Verrichtung der Notdurft und Trunkenheit in der Öffentlichkeit.
Polizei spricht von normaler Sicherheitslage
Dem widersprach die Polizei. Aus kriminalstatistischer Sicht gebe es keine Hinweise, dass sich die Asylunterkunft nachteilig auf die Sicherheitslage in Steckborn auswirke, erklärte Jürg Zingg, Kommandant der Kantonspolizei Thurgau.
Stadtpräsident Roland Toleti (parteilos) sprach sich im Namen des Stadtrats klar gegen die Kündigung des Vertrages mit dem SEM aus. Das sei absolut unethisch, unsolidarisch und würde auf Kosten anderer Gemeinden gehen.
Menschen mit laufendem Asylverfahren
Der Bund mietete die Zivilschutzanlage in Steckborn 2016 als temporäre Notunterkunft bei angespannten Flüchtlingssituationen. Lange stand sie leer. Mit dem Krieg in der Ukraine wurde 2022 die Anlage belegt.
Heute sind geflüchtete Menschen aus weiteren Ländern mit laufendem Asylverfahren durchschnittlich 53 Tage in Steckborn untergebracht. Zahlreiche Rednerinnen und Redner sprachen sich vor der Abstimmung gegen den Antrag zur Kündigung des Vertrages aus. Es sei wichtig, diese Menschen wie Menschen zu behandeln, so einer der Votanten. "Lasst uns menschlich bleiben."