Entscheid über Höhe des Budgetdefizits
Der St. Galler Kantonsrat wird sich in der am Montag beginnenden Wintersession mit dem Budget für 2025 beschäftigen. Die Finanzkommission will dort die Personalausgaben kürzen und so das hohe Defizit etwas verringern. Umstritten ist weiter die Erhöhung des Lastenausgleichs für die Stadt St. Gallen oder die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten.
Seit die Zahl der Sessionen des St. Galler Kantonsrats auf noch vier reduziert wurde, werden sie von der Staatskanzlei nach den Jahreszeiten benannt. Nächste Woche beginnt deshalb die Wintersession.
Gleich geblieben ist allerdings das Programm auf der Traktandenliste: Traditioneller Schwerpunkt der letzten Ratssitzung im Jahr ist jeweils das Budget. Seit die Nationalbank ihre Ausschüttungen eingestellt hat, veranschlagt St. Gallen wie die Nachbarkantone rote Zahlen.
Die Regierung rechnet bei einem Aufwand von 5,8 Milliarden Franken mit einem Defizit von 43,2 Millionen Franken. Dabei sind allerdings Bezüge aus dem Eigenkapital in der Höhe von 199 Millionen Franken eingerechnet. Zu den Gründen für die Schieflage gehören neben den steigenden Ausgaben auch die verschiedenen Steuersenkungen der letzten Jahre.
Finanzkommission bestimmt den Kurs
In den letzten Jahren setzte sich bei der Beratung des Voranschlags praktisch immer die Linie der Finanzkommission durch. Dieses Mal will sie im Vergleich zum Regierungsvorschlag den Teuerungsausgleich für das Personal von 1,1 auf 0,6 Prozent reduzieren. Weiter soll der Etat für Stellen gekürzt werden. Insgesamt würde sich das Defizit so um 9 Millionen Franken verringern.
Für die kommenden Budgets verlangt die Kommission von der Regierung Sparvorschläge. Der Kanton müsse sein Ausgabenproblem in den Griff bekommen, fordert etwa die FDP in ihrer Sessionsvorschau. Auch die Mitte-EVP-Fraktion erwartet Massnahmen. Das Ziel, beim Finanzausgleich von einem Nehmer- zu einem Geberkanton zu werden, sei "in weite Ferne gerückt".
Umstrittene Zahlungen an die Hauptstadt
Oftmals sind zweite Lesungen im Parlament vor allem Formsache. In der Wintersession gibt es dazu zwei Ausnahmen. Auch nach der Gutheissung in der Septembersession bleibt der auf vier Jahre befristete höhere Ausgleich für die Zentrumslasten der Stadt St. Gallen umstritten.
Die SVP hat erneut einen Streichungsantrag gegen die jeweils 3,7 Millionen Franken angekündigt. Wird dieser abgelehnt, will die Fraktion das Ratsreferendum ergreifen und eine Volksabstimmung erreichen. Die SVP braucht dafür keine Unterstützung anderer Parteien. Es reichen 40 Stimmen aus der 42-köpfigen Fraktion.
Ebenfalls in der Septembersession hat die Mehrheit des Kantonsrats in erster Lesung eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten beschlossen. Die Geschäfte könnten damit künftig von Montag bis Samstag von 5 bis 22 Uhr geöffnet haben. Bleibt es dabei, stellt sich die Frage, ob die Gewerkschaften dagegen das Referendum ergreifen.
Hilfen für Landwirtschaftsbetriebe
Unbestritten scheint trotz schwieriger Finanzlage ein Sonderkredit in der Höhe von fünf Millionen Franken für Landwirtschaftsbetriebe zu sein. Mit dem Geld sollen Höfe unterstützt werden, deren Böden mit PFAS belastet sind. Je nach Situation muss dort die Produktion um- oder sogar eingestellt werden.
Die Regierung wollte pro Betrieb einen Höchstbetrag von 100'000 Franken ausrichten können. Der vorberatenden Kommission ist dies zu wenig. Sie verlangt, dass der Maximalbetrag auf 200'000 Franken verdoppelt wird. Dieser Antrag wird unter anderem von FDP und Mitte-EVP unterstützt.
In der Debatte im St. Galler Kantonsrat über das Budget von nächster Woche dürften vor allem die wachsenden Ausgaben thematisiert werden. Veränderungen gibt es aber auch bei den Einnahmen. In den letzten fünf Jahren wurden zehn steuerwirksame Anpassungen in der Summe von 187,4 Millionen beschlossen - den höheren Fahrkostenabzug nicht eingerechnet.
Bei der Präsentation des Budgets Ende September machte Finanzchef Marc Mächler (FDP) noch keine Aussagen, ob es sich bei den roten Zahlen um ein strukturelles Defizit handelt, das Massnahmen erfordert. Dies wolle man auf die Februarsession hin abklären, in der jeweils der Aufgaben und Finanzplan (AFP) beschlossen wird.
Die Finanzkommission schrieb hingegen in ihren Ausführungen von Mitte November, sie erwarte "eine Auslegeordnung zur Höhe des strukturellen Defizits sowie Vorschläge zu dessen Beseitigung". Ins gleiche Horn stösst beispielsweise die FDP: Der Kanton müsse sein Ausgabenproblem in den Griff bekommen, erklärte die Fraktion.
Steuersenkungen von 123 Millionen
Zu diesen Forderungen hat die Regierung noch nicht Stellung genommen. Allerdings hat sie in der Vorlage zum höheren Fahrkostenabzug im Detail auf die zahlreichen Steuerreduktionen verwiesen, die seit 2019 beschlossen wurden. Addiert machen die Einbussen für den Kanton jährlich 187,4 Millionen Franken aus, die Gemeinden trifft es mit 62,4 Millionen Franken.
Insgesamt sind von der Mehrheit des Kantonsrats seit 2019 zehn Steueranpassungen mit kleineren und grösseren Beträgen durchgesetzt worden. Sie dürften neben anderen Faktoren ebenfalls dazu beitragen, dass der Staatshaushalt aktuell in Schieflage zu sein scheint.
Die beiden grössten Brocken machen die beiden Reduktionen des Steuerfusses um jeweils 5 Prozentpunkte aus, die 2022 und 2023 beschlossen wurden. Sie verringern die Steuereinnahmen um zusammengezählt jährlich 123,5 Millionen Franken.
Bei allen weiteren Steuererleichterungen geht es um weit tiefere Beträge. Dazu gehört etwa die Erhöhung des Abzugs der Versicherungsprämien pro Kind in der Steuererklärung mit 2,75 Millionen Franken, die Erhöhung des Abzugs für Versicherungsprämien mit 20,8 Millionen oder die 2024 beschlossene Anpassung bei der Vorzugsmiete mit 2,5 Millionen Franken.
Fahrkostenabzug noch nicht dabei
Noch nicht in die 187,4 Millionen Franken eingerechnet ist die am letzten Abstimmungssonntag beschlossene Erhöhung des Fahrkostenabzugs in der Steuererklärung. Der Kanton rechnet dafür mit jährlichen Ausfällen von 7,2 Millionen Franken, die Gemeinden soll es mit einem Minus von 7,7 Millionen Franken treffen.
Der neue Fahrkostenabzug von maximal 8000 Franken gelte erst ab dem 1. Januar 2025 und deshalb erst ab der Steuerperiode 2025, erklärte Felix Sager, Leiter des kantonalen Steueramtes, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.