Jahrestag des Erdbebens in der Türkei und Syrien, © Archiv Keystone/SDA Boris Roessler/dpa
Zerstörte Häuser in der Provine Hatay. Archiv Keystone/SDA Boris Roessler/dpa

Jahrestag des Erdbebens in der Türkei und Syrien

Die Menschen gedenken mit einer Schweigeminute der Opfer.

06.02.2024

Ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Nordsyrien gedenken die Menschen am Dienstag den Zehntausenden Toten. In der am stärksten betroffenen südosttürkischen Provinz Hatay wollten sich die Einwohner um 4.17 Uhr (Ortszeit) versammeln - der Zeitpunkt, an dem das erste schwere Beben die Region vor einem Jahr erschütterte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird am Dienstag in der ebenfalls vom Beben getroffenen Provinz Kahramanmaras erwartet.

In der Stadt Antakya riefen Menschen im Chor: "Hört jemand unsere Stimmen?" - den Satz hatten auch Retter vor einem Jahr gerufen, als sie tagelang nach Verschütteten suchten. Heute steht er dafür, dass sich viele Überlebende in der Region ignoriert und ihrem Schicksal überlassen fühlen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird am Dienstag in der ebenfalls vom Beben getroffenen Provinz Kahramanmaras erwartet.

Am 6. Februar hatte am frühen Morgen ein Beben der Stärke 7,7 den Südosten der Türkei getroffen, ein weiteres Beben der Stärke 7,6 folgte am Nachmittag desselben Tages. Allein in der Türkei kamen nach Regierungsangaben mehr als 53'000 Menschen ums Leben. Genaue Angaben zu den Opfern aus dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Nachbarland Syrien sind schwer zu ermitteln. Unbestätigten Informationen zufolge könnten dort mehr als 6000 Menschen gestorben sein.

In Antakya entzündeten Menschen Kerzen auf den Ruinen der zerstörten Gebäude in Gedenken an die dort Getöteten und warfen rote Nelken in den Fluss der Stadt. Menschen aus dem ganzen Land waren zum Jahrestag in die Region gereist, wie etwa der 43-jährige Ali. Mehrere seiner Verwandten seien in einem Wohnhaus im Zentrum Antakyas ums Leben gekommen. Zum Jahrestag sei er darum aus Istanbul angereist.

Präsident Erdogan hatte versprochen, den schnellen Wiederaufbau in der Region voranzutreiben. Doch die Menschen vor Ort leiden noch immer stark unter den Folgen des Bebens. Sie klagen über fehlende Hilfen wie Lebensmittel- oder Kleiderspenden. In einem Containerdorf in Karacay erzählen die Bewohner, sie seien abhängig von der Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen. Auch die Wasserversorgung breche immer wieder ab, berichten Menschen aus der Kleinstadt Kirikhan.

Bei der Gedenkfeier in Antakya wurde die Regierung immer wieder ausgebuht. Gesundheitsminister Fahrettin Koca von der regierenden AK-Partei hielt seine Rede begleitet von lauten Pfiffen. Auch Provinzbürgermeister Lütfü Savas von der - auf Landesebene grössten Oppositionspartei - CHP wurde im Chor zum Rücktritt aufgefordert. Teilweise wurden die Regierungsverantwortlichen als "Mörder" bezeichnet, die zur Rechenschaft gezogen werden müssten.