Kampf gegen Antibiotikaresistenzen nötig
Der neue Antibiotikaresistenzen-Bericht der Schweiz zeigt eine Abnahme des Antibiotika-Verbrauchs besonders in der Veterinärmedizin. Trotzdem weist er auf weiteren Handlungsbedarf beim korrekten Einsatz von Antibiotika hin. In der Schweiz sterben etwa 300 Menschen im Jahr wegen antibiotikarestistenter Bakterien.
Darum müssen Antibiotika gezielt und sparsam eingesetzt werden. Im neuen "Swiss Antibiotic Resistance Report 2024" zeigen die Bundesämter für Gesundheit (BAG), Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), Landwirtschaft (BLW) und Umwelt (Bafu), dass sich der Einsatz kritischer, mutmasslich Resistenzen fördernder Antibiotika weiter vermindert. Ihre Verwendung in der Humanmedizin sank seit 2014 um 26 Prozent, wie sie am Montag mitteilten.
In der Tiermedizin verringerte sich der Einsatz kritischer Antibiotika bei Nutztieren seither um 76 Prozent. Auch bei Heimtieren war der Rückgang signifikant. Die Bundesämter führen das auf das Verantwortungsbewusstsein der Tierärztinnen und Tierärzte zurück.
Die Veterinärmedizin erfasst den Antibiotikaeinsatz seit 2019 in einem Informationssystem. Dessen Auswertung zeigte, dass bei allen Tierarten vor allem die empfohlenen Antibiotika zur Anwendung kamen.
Nach Tierarten erhielt das Rindvieh mit 564 Behandlungen pro 1000 Exemplaren am häufigsten Antibiotika. Darauf folgten mit jeweils unter 80 Behandlungen pro 1000 Tieren Geflügel, kleine Wiederkäuer (Schafe, Ziegen) und Schweine. Im Europavergleich schneidet die Schweiz damit gut ab.
Verbrauch wieder auf Stand 2019
Nach der Covid-19-Pandemie stieg die Antibiotika-Verwendung in der Humanmedizin hingegen wieder auf den Stand von 2019 an. Ein Fünftel der Verschreibungen durch Hausärztinnen und -ärzte umfasste in den nationalen Richtlinien nicht empfohlene Antibiotika.
Zudem hielten sich regionale Unterschiede hartnäckig: In der Deutschschweiz finden Antibiotika wesentlich weniger Anwendung als in der lateinischen Schweiz.
Aktuell gibt es dem Bericht zufolge für 15 Prozent der Abwässer eine zusätzliche Reinigungsstufe, die den Antibiotika-Eintrag in Gewässer reduziert. Bis 2040 soll dieser Anteil auf 40 Prozent steigen. Allerdings ist es den Angaben zufolge unwahrscheinlich, dass die aktuellen Antibiotikakonzentrationen in den Schweizer Gewässern die Entwicklung von Resistenzen direkt fördern.
Etwa 300 Tote im Jahr
Die Resistenz von Bakterien entwickelt sich unterschiedlich. In den letzten Jahren stabilisierten sich die Resistenzraten insgesamt. Gemäss Modellrechnungen ist pro 100'000 Einwohner von 85 Infektionen durch resistente Bakterien auszugehen. Jährlich sterben demnach etwa 300 Menschen an einer solchen Ansteckung.
Der Bund verfügt seit 2016 über einen Aktionsplan gegen Antibiotika-Resistenzen. Der Bundesrat stärkte diesen im Sommer. Dabei verfolgt er einen One-Health-Ansatz, da Mensch, Tier, Landwirtschaft und Umwelt gleichermassen von Antibiotikaresistenzen betroffen sind.
In der laufenden Teilrevision des Epidemiegesetzes ist eine gesetzliche Grundlage vorgesehen, um Überwachung und Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen zu verbessern. Auch die Entwicklung neuer Antibiotika und deren Verfügbarkeit in der Schweiz sollen in die Revision einfliessen.