Regierung verabschiedet Stellungnahme zur Justizreform
Im Landtag hatte es zuvor kontroverse Diskussionen gegeben über die Verkürzung des Instanzenzuges in der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Die Regierung hat in ihrer Sitzung vom 1. Oktober 2024 die Stellungnahme betreffend die Abänderung der Verfassung, des Gerichtsorganisationsgesetzes und weiterer Gesetze (Justizreform) verabschiedet.
In seiner Sitzung vom Freitag, 14. Juni 2024, hat der Landtag den Bericht und Antrag betreffend die Justizreform in erster Lesung beraten. Während die Anpassungen im Dienstrecht der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte weitgehend befürwortet wurden, fanden insbesondere über die Verkürzung des Instanzenzuges in der ordentlichen Gerichtsbarkeit kontroverse Diskussionen statt.
Die Abgeordneten stellten eine Reihe von Fragen, welche sich vor allem mit der Anzahl der Rechtsmittelinstanzen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit beschäftigten. Weitere Fragen betrafen insbesondere die Schaffung eines Trustsenats beim Landgericht, die Probephase für Landrichterinnen und Landrichter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wie auch die Amtsdauer der vollamtlichen Richterinnen und Richter des Staatsgerichtshofes. Auf diese Fragen wird in der Stellungnahme der Regierung eingegangen.
Zudem ist die Regierung der Aufforderung verschiedener Abgeordneter nachgekommen, sich mit der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer auszutauschen und einen Reformvorschlag auszuarbeiten, der auf drei Instanzen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit beruht. Die wesentlichen Ziele der ursprünglichen Reform der Regierung, wie die weitergehende Professionalisierung der Justiz und Flexibilisierung ("Richterpool") unter möglichster Schonung von Personalressourcen, sollen nun in einem dreiinstanzlichen Modell umgesetzt werden.
Dabei soll beim Obersten Gerichtshof, der heute ausschliesslich mit nebenamtlichen Richterinnen und Richtern besetzt ist, eine teilweise Professionalisierung erfolgen, indem zwei vollamtliche Richterstellen geschaffen werden. Der Oberste Gerichtshof soll, wie schon im Bericht und Antrag vorgeschlagen, neu in Dreiersenaten - anstatt wie bisher in Fünfersenaten - entscheiden; dabei muss mindestens eine vollamtliche Richterin bzw. ein vollamtlicher Richter im jeweiligen Senat Einsitz nehmen und den Vorsitz führen.
Wie ebenfalls bereits im Bericht und Antrag vorgesehen, soll der Verwaltungsgerichtshof in den Obersten Gerichtshof integriert werden. Das Obergericht soll als eigenes Gericht bestehen bleiben.
Dem ursprünglichen Vorschlag der Regierung folgend, soll auch das Modell des "Richterpools" eingeführt werden, um die Möglichkeit der Spezialisierung zu schaffen und auch eine gewisse Flexibilität zu erhalten, um auf unterschiedliche Auslastungen in den einzelnen Rechtsgebieten adäquat und zeitnah reagieren zu können. So sollen sowohl beim Obersten Gerichtshof als auch beim Obergericht jeweils ein "Richterpool" geschaffen werden. Mittels Geschäftsverteilung werden die vollamtlichen sowie nebenamtlichen Richterinnen und Richter den einzelnen Senaten zugeteilt. So können künftig spezialisierte Senate, beispielsweise für das Zivilrecht, das Strafrecht, das Finanzmarktrecht, das Asylrecht, das Steuerrecht und das Verwaltungsstrafrecht, geschaffen werden.
Insgesamt kann mit diesem Vorschlag im Vergleich zum Status Quo eine Stärkung der Qualität der Rechtsprechung und der Unabhängigkeit der Justiz sowie eine weitergehende Professionalisierung dahingehend erreicht werden, als beim Obersten Gerichtshof zwei vollamtliche Richterstellen geschaffen werden.
Der Landtag wird die Stellungnahme zur Justizreform voraussichtlich im November 2024 in zweiter Lesung behandeln.