Ukraine nach Putin-Telefonat verärgert
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert. Nun ist die Ukraine verärgert. Sie wurde vom geplanten Telefonat bereits im Vorfeld informiert.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit seinem ersten Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seit fast zwei Jahren die Ukraine gegen sich aufgebracht. "Der Anruf von Olaf öffnet meiner Meinung nach die Büchse der Pandora", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Berlin habe Kiew zwar vorher informiert, aber damit seien nun weitere Gespräche ermöglicht worden.
Scholz habe mit seinem Anruf Putins lang gehegten Wunsch erfüllt, Russlands Isolation zu verringern und mit Unterredungen zu beginnen, die letztlich zu nichts führen werden. Putin habe dies jahrzehntelang so gemacht, sagte Selenskyj. "Das hat es Russland erlaubt, nichts an seiner Politik zu ändern, im Grunde nichts zu tun, und das führte gerade zu diesem Krieg", betonte der Präsident.
In seinem Gespräch mit dem Kremlchef forderte Scholz Putin auf, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden und seine Truppen abzuziehen. Gleichzeitig habe der Kanzler Putin "zu Verhandlungen mit der Ukraine mit dem Ziel eines gerechten und dauerhaften Friedens" gedrängt, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach dem etwa einstündigen Gespräch mit. Er habe auch die unverbrüchliche Entschlossenheit Deutschlands bekräftigt, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression so lange wie nötig zu unterstützen.
Rund ein Fünftel der Ukraine besetzt
Putin zeigte sich unter bestimmten Bedingungen zu Verhandlungen bereit. Er bestand nach Angaben des Kremls darauf, dass eine Lösung Moskaus Sicherheitsinteressen berücksichtigen und "von den neuen territorialen Gegebenheiten ausgehen" müsse. Auch müsse die Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichten und den Verlust der von Russland besetzten Gebiete anerkennen. Kiew und seine westlichen Verbündeten lehnen das kategorisch ab.
Mit der Annexion der Halbinsel Krim 2014 und im Zuge des Angriffskriegs seit Februar 2022 hat Russland rund 20 Prozent der Ukraine besetzt, die es zu seinem Staatsgebiet zählt. Das meint Putin wohl mit den "neuen territorialen Gegebenheiten". Selenskyj lehnt einen Gebietsverzicht der Ukraine kategorisch ab.
Scholz und Putin wollen in kontakt bleiben
Scholz und Putin vereinbarten den Angaben beider Seiten zufolge, in Kontakt zu bleiben. Der Kanzler hatte zur Vorbereitung des Gesprächs mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Laut Hebestreit wollte der Kanzler Selenskyj im Nachhinein nochmals anrufen.
Scholz bemüht sich aktuell um eine zweite Ukraine-Friedenskonferenz nach einem Gipfel in der Schweiz im vergangenen Sommer, an dem dann auch Russland teilnehmen könnte. Bisher ist dafür aber kein Termin in Sicht.