Verstappen gewinnt GP von Brasilien
Der Weltmeister siegt von Startplatz 17 aus und beendet eine lange Phase ohne Sieg.
Max Verstappen im Red Bull kehrt in São Paulo den Meister heraus. Er gewinnt in der brasilianischen Metropole bei teilweise starkem Regen den Grand Prix von Startplatz 17 aus und beendet eine lange Phase ohne Sieg.
Es hatte nicht viel für ihn gesprochen, ein weiteres Mal war von Schadensbegrenzung die Rede gewesen - auch deshalb, weil sein Rivale im Titelkampf, Lando Norris im McLaren, aus der Pole-Position losgefahren war. Die Prognosen zielten darauf ab, dass der Brite seinen Rückstand in der WM-Gesamtwertung weiter reduzieren würde.
Innerhalb des Teams Red Bull hatten sie trotz allem Optimismus verbreitet. Helmut Marko, der Motorsportchef, prognostizierte ein "Podium für Verstappen". Es war eine Ansage, die nicht erstaunte, selbst wenn dem Weltmeister nach einem nicht in seinem Sinne verlaufenen Qualifying und der Rückversetzung um fünf Plätze wegen eines Motorwechsels ausserhalb des erlaubten Kontingents nur Startplatz 17 geblieben war. Für Verstappen selber waren die schwierigen Bedingungen ebenfalls Anlass zur Hoffnung. Er wusste, dass er sich auf seine hohe Fahrkunst auf nasser Strecke verlassen konnte.
Reifenwechsel bei Unterbruch
Die eigenen Steuerkünste allein hätten Verstappen allerdings wohl nicht zum Sieg gereicht am Tag, an dem der Regen die Normalität in der Formel 1 wegspülte und Platz für Unerwartetes schuf. Es brauchte auch einen Rennverlauf, der dem Niederländer in die Karten spielte. Wie die Franzosen Esteban Ocon und Pierre Gasly in den Alpine und der Finne Valtteri Bottas im Sauber verzichtete der Weltmeister im Gegensatz zur restlichen Konkurrenz in der vorgesehenen Phase auf einen Reifenwechsel.
Der Entscheid war nicht ohne Risiko, erwies sich aber als goldrichtig. Das Quartett konnte sich ohne Zeitverlust während des ersten Rennunterbruchs neue Walzen aufziehen lassen, der nach einem Unfall des Argentiniers Franco Colapinto unmittelbar vor der Hälfte der Distanz nötig geworden war.
Bei Wiederaufnahme des Rennens behielt Verstappen die Ruhe, überliess Ocon die Führung. Erst als der Rennbetrieb im Autodromo José Carlos Pace nach einem zweiten Unterbruch, bedingt durch einen Unfall des Spaniers Carlos Sainz im Ferrari, wieder aufgenommen wurde, blies der Niederländer zum Angriff. Er übernahm die Spitzenposition - und gab sie bis ins Ziel nicht mehr ab. Ocon und Gasly verteidigten die Plätze 2 und 3 ebenso und sorgten ihrerseits für eine Überraschung.
Sieg als Erlösung
Triumph Nummer 62 kam für Verstappen nach zehn Grands Prix ohne Sieg einer Erlösung gleich. Letztmals hatte er Ende Juni nach dem Grossen Preis von Spanien ganz oben gestanden. Nach der langen Zeit, in der er je länger je mehr die Rolle des Dominators einbüsste und sich stetig grösserer Konkurrenz ausgesetzt sah, kehrte er endlich auf seine angestammte Position zurück, auf jenen Platz, an den er nach eigener Einschätzung weiterhin hingehört.
Die Zeit des Wandels war auch begleitet von Misstönen. Nach unbedachten Manövern gegen Norris an den vorangegangenen zwei Wochenenden in den Grands Prix der USA in Austin, Texas, beziehungsweise von Mexiko in Mexico City stand Verstappen am Pranger. Die Art seiner Frustbewältigung tolerierten die Kritiker nicht. Sie sahen in seinem Tun wieder Züge, die an unpässliche Tugenden früherer Jahre erinnerten.
Für Griesgram war an diesem besonderen Tag nach einem besonderen Rennen kein Platz mehr. Verstappen konnte endlich wieder lachen, erst recht beim Betrachten der WM-Gesamtwertung. Mit seinem unerwarteten Erfolg tat er einen grossen Schritt Richtung vierten Weltmeistertitel. Als Führender baute er seinen Vorsprung wieder um 18 auf 62 Punkte auf seinen ersten Verfolger Norris aus - ein beruhigendes Polster bei einem Restprogramm mit drei Grands Prix und einem Sprintrennen, in denen im besten Fall 86 Punkte zu gewinnen sind.
Norris vermochte seine perfekte Ausgangslage mit Startplatz 1 in keiner Weise zu nutzen. Am Ende blieb ihm lediglich Rang 6 - an einem Tag, an dem sehr viel für ihn gesprochen hatte.