Bund und Kanton berappen die Umsiedlung von Brienz GR zu 90 Prozent
Gute Nachrichten in der Krise für die evakuierte Bevölkerung des Bündner Bergsturzdorfes Brienz/Brinzauls: Die öffentliche Hand will einen Grossteil der Umsiedlungskosten übernehmen. Das teilte die Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz gehört, am Freitag mit.
Es könne in Aussicht gestellt werden, dass Bund und Kanton für die präventive Umsiedlung 90 Prozent der anrechenbaren Kosten übernehmen, wird in der Mitteilung Regierungsrätin Carmelia Maissen (Mitte) zitiert. Maissen hatte am Dienstagabend an einem Informationsabend vor den evakuierten Bewohnerinnen und Bewohnern gesprochen.
Die Gebäudeversicherung zahle nur für Gebäudeschäden, erklärte Christian Gartmann vom Gemeindeführungsstab auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Bei Umsiedlungen muss aber auch Land gekauft werden, wie der Kommunikationsverantwortliche ausführte.
Zudem liegen bei präventiven Umsiedlungen aufgrund einer hohen Gefährdung gar keine Gebäudeschäden vor. Hier wollen nun Bund und Kanton gestützt auf das Waldgesetz in die Lücke springen. "Neu kann eine Umsiedlung auch dann unterstützt werden, wenn jemand das Dorf aufgrund der Risikosituation verlassen möchte", heisst es dazu in der Mitteilung.
Sollte Brienz/Brinzauls teilweise oder ganz aufgegeben werden müssen, stehen zeitnah Grundstücke für Neubauten zur Verfügung. Neben Tiefencastel und Alvaneu Dorf wird auch das Nachbardorf Vazerol, Wunschort von 70 Prozent der Evakuierten, ein Umsiedlungsstandort. Eine Volksabstimmung zu allen drei Standorten ist noch 2025 vorgesehen.
"Umsiedlung ist mehr als nur ein Plan B"
"Wir haben Brienz/Brinzauls nicht aufgegeben. Wir möchten, dass das Dorf weiterleben kann", wird Gemeindepräsident Daniel Albertin in der Mitteilung zitiert. Bis vor Kurzem sei eine Umsiedlung nur der ”Plan B” gewesen. "Jetzt ist sie zu einer Alternative geworden, die wir für Sie so weit wie möglich abklären", erklärte Albertin an die Adresse der Evakuierten.
Die Wahrscheinlichkeit für ein schnelles bis sehr schnelles Abrutschen der sogenannten "Schutthalde oben" im Bergsturzhang über Brienz/Brinzauls wird von Experten für das kommende Winterhalbjahr auf 1 bis 10 Prozent geschätzt.
Sollte es zu einem sehr schnellen Abrutschen der Gesteinsmasse kommen, zeigen Auslaufmodellierungen, dass der obere Dorfrand mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent erreicht und wohl auch zerstört würde. Unterhalb des Kirchhügels im Dorfzentrum liegt die Wahrscheinlichkeit bei noch 10 Prozent. Am unteren Dorfrand beträgt sie 4 Prozent.